01.08.2023 –
Der Bletoppen
Sehr früh wachte ich auf. Einige Nebelschwaden zogen über den See. Die Sonne lugte schon über den Berg und vertrieb diese auch sehr schnell. Das gute Wetter wollte ich sofort ausnutzen und meine erste Tour dieses Jahr auf einen Berg starten, der mich schon den ganzen Morgen lockte.
Es galt jedoch zuerst einige Dinge zu erledigen. Da es in der Nacht sehr kalt war, habe ich das Zelt geschlossen gehalten. Deshalb sammelte sich Kondenswasser an den Innenwänden. Wenn ich noch viel Freude mit meinem Dachzelt haben möchte, dann muss ich es trocken halten. Ich wischte es gründlich, mit trockenen Tüchern ab und lüftete ausgiebig. Nachdem ich alle Sachen zusammengepackt hatte, konnte es losgehen.
Der Bletoppen ist ein imposanter Berg in der Region Telemark. Mit seinen 1342 Metern der höchste Gipfel in der Region. Bereits 2019 stand der Bletoppen auf meiner Wunschliste. Nun konnte ich mich endlich auf den Weg machen. Mit dem Auto fuhr ich bis an den Fuß des Berges.
Dort versperrte eine Schranke den Weg für Kraftfahrzeuge. Für 100 norwegische Kronen habe ich mir auf dem Campingplatz den Schlüssel für die Schranke ausleihen können. Der Weg führte durch dichten Wald und die Straße war eher für Geländefahrzeuge gedacht als für meinen Renault Trafic. Irgendwann schlingerte mir das Fahrzeug zu sehr. Ich stellte es in einer Wegbiegung an einem sicheren Platz ab. Nach einigen hundert Metern bereute ich es. Die Straße ist enorm steil und mir ging schon die Puste aus noch bevor ich mich auf der eigentlichen Wanderroute befand. Irgendwann zeigte ein Wegweiser hinein in den Wald.
Hier fängt der Aufstieg an. Der Pfad ist schmal und glatt. Wegen der vielen ausgewaschenen Stellen musste ich große und hohe Schritte machen. Bereits nach 50 Metern stellte ich fest: Das kann doch kein Weg sein… das ist eher was für Elche… und so anstrengend. Welcher Verrückte hat das Bergwandern erfunden? Ich fing an meine Schritte zu zählen. Eins, zwei, drei… ich kam nie über die Dreißig… denn irgendetwas war immer mit dem Weg… zu glatt, zu matschig, oder einfach zu anstrengend. Ich merkte, dass meine Kondition nicht mehr dieselbe ist wie vor einigen Jahren, aber lumpige tausenddreihundert Meter müssen doch zu schaffen sein. Um meinen Kopf schwirrten immer ein Dutzend Mücken. Gott sei Dank, Petra hat mir Mückentötolin mitgegeben. Ich hätte nie daran gedacht.
Das Zeug zeigte auch gleich Wirkung. Es schmeckt jedoch abscheulich. Irgendwann erreichte ich die Baumgrenze. Etwas höher gab es auch kein Strauchwerk mehr. Nur noch kleine Pflanzen und viel Geröll. Die Mückengrenze erreichte ich diesen Tag jedoch nie. Nach vielen Pausen und einer vielfach prall aufgepumpten Lunge lag der Gipfel nur noch einige Schritte von mir entfernt. Beim Näherkommen wuchs langsam, aber sicher ein weiterer Gipfel hinter dem Horizont in die Höhe. Ich war also noch nicht am Ziel. Die Wolken wurden immer dichter und zogen sich über den Bletoppen zusammen.
Am Horizont, kurz unter dem Gipfel, konnte ich zwei weitere Bergwanderer sehen. Nach einer gefühlten Ewigkeit erreichte ich endlich die höchste Stelle des Berges. Die Wanderer waren bereits auf dem Abstieg, ich war also allein. Allein mit dem Gipfel, dem Wind und dem einsetzenden Regen. Nirgends eine Bushaltestelle bei der ich mich unterstellen konnte. Wenn man mal eine Bushaltestelle braucht…
Ich hatte vorsorglich eine Regenjacke eingepackt. Die hat mir schon auf dem Taranaki gute Dienste geleistet. Und nun schützte sie mich wieder.
Innerhalb von wenigen Sekunden war meine Hose durchnässt. Ich habe mir die Outdoor-Hose kurz vor der Abreise zugelegt. Die Hose wurde in Indien hergestellt. Ich dachte mir: Die haben dort den Monsun, die wird schon nützen. Nass und durchgefroren machte ich mich auf den Rückweg. Nach einigen hundert Metern Abstieg fühlte ich den warmen Sonnenschein im Genick. Der Abstieg war schwieriger als der Aufstieg. Alles war nass und ich musste aufpassen, dass ich nicht ausrutsche und ungebremst ins Tal gleite.
Wenn man von der verlorenen
Kamera absieht, so war es trotzdem ein gelungener Tag. Ich konnte meine Grenzen
austesten und einen wunderbaren Ausblick genießen. Die Stille war herrlich und
wurde ab und an von Vögeln unterbrochen. Der Regen und auch die Kälte hatten
ihr Gutes. Sie ließen mich die Natur spüren. Nach all den Strapazen, die eine
Besteigung eines Achttausenders mit sich bringt 😉, bereue ich den Tag nicht.
Der Rest des Tages war den
hauswirtschaftlichen Aktivitäten gewidmet. Auch das muss sein.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen